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Konkrete existenzielle Hilfemaßnahmen
Versorgungsverträge für Strom, Gas, Fernwärme, Internet, Telefon, Wasser und alle „Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge“
Verbraucher dürfen sich ab dem 1. April 2020 unter bestimmten Voraussetzungen weigern, Abschläge und Rechnungen aus Dauerschuldverhältnissen des täglichen Bedarfs zu zahlen, ohne dass ihnen daraus eine akute Konsequenz droht. Insbesondere dürfen keine Versorgungssperren oder andere Zwangsmaßnahmen wie Vollstreckungen oder Inkassobüroeinschaltungen durch die Versorger ergriffen werden. Zu den ausgesetzten Zahlungspflichten gehören Forderungen aus Versorgungsverträgen für Strom, Gas, Fernwärme, Internet und Telefon sowie auch Wasser und alle weiteren „Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge“. Neben Verbrauchern unterfallen auch Selbstständige und „Kleinstunternehmen“ mit bis zu 9 Angestellten diesen und weiteren Erleichterungen.
Folgende fünf Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie von der durch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ geschaffenen Regelung nach Artikel 240 § 1 EGBGB Gebrauch machen können:
1. Sie haben aufgrund der Corona-Krise existenzbedrohende Einnahmeausfälle, daher es droht im Zweifel eine Privat- oder Firmeninsolvenz.
2. Sie können Ihren Lebensunterhalt, den Lebensunterhalt Ihrer Familie, beziehungsweise Ihre Unterhaltspflichten aufgrund dieser Einbußen nicht mehr angemessen bestreiten.
3. Es handelt sich um einen Vertrag zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge.
4. Der Vertrag, für den Sie die Zahlungen aussetzen wollen, wurde vor dem 8. März 2020 geschlossen und die konkrete Forderung ist nach dem 1. April 2020 entstanden. Entstanden ist eine Forderung, wenn Sie eine Rechnung erhalten haben oder Sie bei einer dauerhaften Verpflichtung hätten einen Abschlag zahlen müssen.
5. Sie erklären Ihrem Versorger ausdrücklich, dass Sie von einem Leistungsverweigerungsrecht nach dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ Gebrauch machen und die vier obenstehenden Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Ihr Versorger kann die Zahlungsverweigerung zurückweisen und den bestehenden Vertrag kündigen, wenn er dadurch seinerseits in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht wird. Im Fall von Energieversorgern wie Konzernen oder Stadtwerken dürfte dies in der Regel ausgeschlossen sein. Diese Regelung dürfte im Nachgang der Krise jedoch für erhebliches Streitpotenzial sorgen, da sich mit dieser Argumentation Anbieter aus unrentablen Verträgen zu befreien versuchen könnten. Verbraucher sollten daher von dem Moratorium bzw. dem Leistungsverweigerungsrecht wirklich nur dann Gebrauch machen, wenn es unbedingt notwendig ist.
Ganz wichtig: Bei dieser Regelung handelt es sich um ein Moratorium und nicht um einen kompletten Erlass der Forderung. Dieser Zahlungsaufschub soll Verbrauchern und Kleinstunternehmen nämlich lediglich Zeit geben, um das für die Zahlung benötigte Geld aufzutreiben. Es empfiehlt sich, diese Zeit zu nutzen, um beispielsweise Anträge für Arbeitslosengeld, Wohngeld, Grundsicherung oder einen Kindergeldzuschlag zu stellen. Die Regelung soll nur vermeiden, dass in Zwischenzeit eine Versorgungssperre erfolgt. Alle ausgesetzten Zahlungen müssen bis spätestens zum 30. Juni 2020 vollständig erbracht werden. Diese Frist kann von der Bundesregierung bis maximal zum 30. September 2020 verlängert werden, sollten die Krise weiter anhalten. Mahngebühren oder Verzugszinsen dürfen in der Zwischenzeit nicht berechnet werden.
Versorgungssperren
Angesichts der Coronavirus-Pandemie haben zahlreiche große Energieversorger bereits in den letzten Wochen angekündigt, auf Energiesperren gegen säumige Energieverbraucher zu verzichten und insbesondere auch die Wiederaufnahme der Versorgung bei bereits bestehenden Sperren vorzunehmen. Der Bund der Energieverbraucher forderte zudem bereits am 19. März 2020 sämtliche Grundversorger auf, die Versorgung aller momentan von der Energieversorgung getrennten Haushalte aus humanitären Gründen unverzüglich wieder aufzunehmen. Denn in Anbetracht der COVID-19-Pandemie sind Versorgungssperren derzeit ausnahmslos unverhältnismäßig. Verbrauchern, die aktuell von einer Versorgungssperre betroffen sind, rät der Bund der Energieverbraucher sich umgehend an den örtlichen Grundversorger zu wenden und unter Verweis auf die aktuelle Situation eine Aufhebung der Strom-, Gas- oder Wärmesperre zu verlangen.Darlehensstundung und Mietkündigungsschutz
Sie leisten Mietzahlungen, zahlen ein Darlehen für Ihr Haus, eine energetische Sanierung oder einen Verbraucherkredit ab? Auch hier hat der Gesetzgeber in Artikel 240 §§ 2 und 3 EGBGB Erleichterungen bis zunächst zum 30. Juni 2020 geschaffen. Auch diese Regelungen greifen nur, wenn Sie aufgrund der Corona-Krise existenzbedrohende Einnahmeausfälle haben.
Im Fall von Krediten muss der Kreditvertrag, für den Sie die Zahlungen aussetzen wollen, vor dem 15. März 2020 geschlossen worden sein. Sie müssen dem Kreditgeber ausdrücklich erklären, dass Sie vom Stundungsrecht nach dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie“ Gebrauch machen und die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Der Kreditgeber muss Ihnen sodann ein Gespräch zur einvernehmlichen Lösung anbieten. Kommt keine Lösung zu Stande, bleibt der Betrag dauerhaft gestundet und der Kreditvertrag verlängert sich um die entsprechende Zeit.
Im Fall von Mietzahlungen dürfen Vermieter ihren Mietern für zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 ausgefallene Miet- und Pachtzahlungen aus diesem Grund bis zum 30. Juni 2022 keine Kündigung aussprechen, sofern der Mieter sich ausdrücklich auf diese Erleichterung beruft und dem Vermieter Nachweise übersendet, dass alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Erleichterung vorliegen. Bei dieser Regelung handelt es sich jedoch nur um eine Kündigungsschutzklausel und keinen allgemeinen Zahlungsaufschub! Mieter sind daher weiterhin „zur Zahlung verpflichtet“ und können bei ausbleibenden Zahlungen ganz regulär in Verzug geraten.
Die Regelungen für die Darlehensstundung und den Mietkündigungsschutz sind im Detail jedoch deutlich komplexer als bei den Regelungen zum Moratorium von Versorgungsverträgen, sodass wir raten, sich im Zweifelsfall an eine auf Kredit- oder Mietrechtsfragen spezialisierte Verbraucherschutzorganisation oder einen Rechtsanwalt zu wenden.